Gerne stellen wir euch unsere Gesamtleiterin Studienmanagement Wirtschaft vor, Dr. Larissa Sundermann. Larissa erzählt uns im folgenden Interview mehr zu ihrem Werdegang: Wie sie mit viel Enthusiasmus und über Umwege schon vieles erreicht hat und was sie bewegt. Larissa hat nicht nur ein breites Spektrum an Wissen im akademischen Sektor, sondern setzt sich auch mit viel Herzblut für wohltätige Zwecke ein und lebt ihr kreative Ader im Theater 8 aus.

 

Erzähl uns doch mal mehr zu deinem Lebenslauf:

Ich komme aus einer Familie mit gemischtem beruflichem Werdegang: Meine Eltern haben beide eine Ausbildung absolviert, aber mein Papa hat im Anschluss studiert.

Das finde ich einen wichtigen Punkt, denn früher absolvierten bei uns in Deutschland vor allem Kinder aus Akademikerfamilien das Abitur (wie die Schweizer Maturität). Und ich habe Abitur gemacht, obwohl nur ein Elternteil einen Studienabschluss hat.

Was denkst du, woran liegt es, dass Akademikerkinder häufiger Abitur machen?

Sicherlich liegt es zum Teil am Anspruch der Eltern. Man sagt es zwar ungern, aber in Deutschland gibt es immer noch eine Zweiklassengesellschaft, ähnlich wie in der Schweiz. Kinder mit Akademikereltern haben statistisch gesehen höhere Bildungschancen als Kinder, deren Eltern nicht studiert haben.

Es ist für mich unverständlich, wieso die Realschule (wie die Schweizer Sekundarstufe A) und die Hauptschule (wie die Schweizer Sekundarstufe B) beruflich und gesellschaftlich an Wert verloren haben.

 

Aber zurück zu meinem Lebenslauf:

Nach dem Abitur bin ich direkt in die Grossstadt gezogen – Berlin – und habe an der Humboldt-Universität studiert. Den Wert vom Studium habe ich damals zunächst nicht erkannt. Vermutlich war ich auch übermannt vom Angebot in Berlin. Das Studium war eine Vernunftentscheidung. Hätte ich mehr auf meine eigenen Bedürfnisse gehört, hätte ich eher einen künstlerischen Weg eingeschlagen. Da ich aber sehr gut mit Zahlen arbeiten kann und, wie schon erwähnt, meine Eltern im Bankwesen tätig waren, verschlug es mich zuerst in diese Richtung. .

Im Jahr 2009 schloss ich mein Bachelor-Studium in Wirtschaftswissenschaften ab, genau in der Finanzkrise.  Banker:innen frisch von der Uni waren gerade nicht gefragt. Also verschlug es mich ins Marketing.

Es war eine sehr lehrreiche Zeit. Leider stellte ich schnell fest,  dass ich grössere Herausforderungen brauchte, als in einer kleinen Unternehmung zu arbeiten, da meine Fähigkeiten nicht richtig gefordert waren.

Nach der Erfahrung als Marketing-Assistentin schlug ich einen neuen alten Weg ein und begann mein Masterstudium (Master in Management) an der Ruhr-Universität Bochum. Die Uni war sehr bewusst gewählt, da dort ein sehr bekannter Professor dozierte, der als Koryphäe in Banking und Finance galt.

Mein Lebenslauf ist voller Kehrtwendungen: Noch während des Master-Studiums absolvierte ich ein Praktikum in einer Bank in der Kreditsteuerung und musste feststellen: «Das passt gar nicht zu mir.»

Was hat dir an der Bank nicht gefallen?

Ich würde mich selber als Feministin bezeichnen. Ich nehme jede Person so, wie sie ist, und versuche, nicht zu urteilen, egal, wer da vor mir sitzt. Ich bin stets bemüht, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und allen auf Augenhöhe zu begegnen.

Bei der Bank bin ich auf eine Kultur der alteingesessenen Hierarchien gestossen und auf Personen mit einer komplett anderen Einstellung als ich.

Ich muss jedoch betonen, dass auch diese Erfahrung wertvoll war. So konnte ich Arbeitserfahrung sammeln, musste aus meiner Komfortzone und durfte erfahren, was nicht zu mir passt. Ich habe viel gelernt und daraus meine Konsequenzen gezogen. In solch einer Umgebung wollte ich damals und auch heute nicht arbeiten. Es ist vollkommen in Ordnung und mutig, sich seine Zukunft neu zu gestalten und einen anderen Weg zu gehen.

Als Nächstes bin ich nach Hamburg gezogen und habe dort an der Universität im Bereich Nonprofit-Management promoviert. Das war mein «Aha-Moment» und für mich der richtige Weg. Die Tätigkeit gab mir einen Sinn und es herrschten dort andere Werte, bei denen der Mensch bzw. die Sache im Vordergrund steht und nicht Geld oder materielle Dinge.

Während der Zeit an der Universität Hamburg setzte ich mich mit dem Roten Kreuz auseinander und merkte, wie es ist, wenn man sich für andere engagiert (z. B. durch Blutspenden).

Ichin sehr sozial veranlagt, da komme ich nach meiner Mama.

Auch durfte ich während der Promotion meine Leidenschaft fürs Unterrichten bzw. die Bildungsbranche entdecken. Es war so schön diese Erfahrung zu machen. Mein Unterrichtsstil war geprägt von der Auffassung, dass ich nicht mehr weiss als die Student:innen, sondern einfach zwei oder drei Schritte weiter bin. Es war mir sehr wichtig, mit den Student:innen ein gutes Verhältnis zu haben und ich war stolz, ihnen etwas beibringen zu dürfen.

Nach dem Doktorat wollte ich eigentlich reisen, doch leider habe ich mir den Arm gebrochen. Manchmal verändern kleine Momente die eigenen Pläne. Die erste Stelle nach dem Doktorat führte mich in die Schweiz an die ZHAW. Sie wollten mich unbedingt im Team haben und ich, ich habe die Chance ergriffen. Das ist mir nicht leichtgefallen. Seit zweieinhalb Jahren bin ich nun an der HSO. Nochmal raus aus der Komfortzone. Heute leite ich ein unglaublich tolles Team, das auf Vertrauen und Wertschätzung aufgebaut ist. Ich gehe als Vorbild voran und darf jeden Tag von meinem Team lernen. Arbeiten auf Augenhöhe.

 

Prägende Momente in deiner Karriere?

Ein prägender Moment war für mich in meiner ersten Stelle. Dort musste ich mir eingestehen: «Das ist nicht das, was du willst, du willst mehr.» Damals habe ich die Flucht nach vorne angetreten und mit meiner damaligen Chefin das Gespräch gesucht. Es ist nicht leicht anderen seine Bedürfnisse mitzuteilen, aber ich kann es auch im Job nur empfehlen. Ich wollte mehr Verantwortung und mehr Aufgabenbereiche übernehmen, aber leider wurden wir uns damals nicht einig. Eventuell wusste sie damals schon, dass mich mein Weg an einen anderen Ort führen sollte. Meiner damaligen Chefin bin ich bis heute dankbar, sie hat mir zugehört und mich immer unterstützt.

 

Tipps für junge Frauen in der Berufswelt?

Essenziell ist meines Erachtens, dass man sich nicht von seinen Zielen abbringen lassen darf. Man muss sich nicht verbiegen, um in dieser Welt zu bestehen und seine Träume zu verwirklichen. Sich selbst treu zu bleiben und sich an den eigenen Werten zu orientieren, ist so wichtig und erfordert Mut. …und wenn dir Steine in den Weg gelegt werden, dann nimm dir einen Meissel und schlag sie in kleine Teile.